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Warum es so schwer ist, 'Nein' zu sagen – oder: Grenzen setzen ist Selbstfürsorge!

  • Autorenbild: Katrin Haaga
    Katrin Haaga
  • 1. Aug. 2024
  • 4 Min. Lesezeit


Illustration einer Frau die ihre Muskeln zeigt

Puh – was für eine Woche.


Es ist Freitagabend und du würdest am liebsten direkt ins Bett fallen.

Im Büro hast du zähneknirschend einen Nachmittagstermin angenommen, der eigentlich schon außerhalb deiner vereinbarten Arbeitszeit liegt.


Für das Kita-Sommerfest warst du dann eigentlich schon zu spät dran, musstest ja aber noch Fingerfood, zumindest mal Muffins mitbringen.


Nach dem Kita-Sommerfest wollen die Kinder sich nicht verabschieden und bestehen darauf, zumindest noch auf dem Spielplatz weiterspielen zu dürfen, am liebsten wollen sie aber zu euch nach Hause  – und warum kann Paulina eigentlich nicht gleich bei euch übernachten?


Du kommst nach Hause und das große Kind hängt vor dem Fernseher, obwohl die vereinbarte Medienzeit schon lang abgelaufen ist. Das Kind quengelt, meckert und möchte seine Serie noch weiterschauen.

Du bist hin- und hergerissen zwischen dem schlechten Gewissen wegen der Medienzeit und dem Gedanken an wenigstens 5 ruhige Minuten auf der Couch, im Bett oder auf dem Balkon. Aber da ist ja noch das Abendessen, das du für die Kinder machen musst. Ach und Paulina, die Freundin aus dem Kindergarten, die übernachtet ja heute auch noch bei euch. Da musst du noch schnell eine Schlafmöglichkeit herrichten.


Kennst du solche Situationen auch?  In denen du eigentlich gern Nein sagen würdest, aber dann doch immer wieder ein Ja aus dir rauspurzelt?



Warum sagen wir lieber Ja als Nein?


Weil wir es nicht übers Herz bringen „Nein“ zu sagen, weil wir Sorge vor Ablehnung unseres Gegenübers haben. Keine Angst, du bist damit nicht allein. Viele Menschen sagen lieber zehnmal „Ja“ als einmal „Nein“.

Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS gaben 81% der Befragten an, zu häufig Ja zu sagen und sich anschließend darüber zu ärgern.


Warum tun wir das? Warum fällt es uns so schwer, Grenzen zu setzen?


Dafür kann es verschiedene Gründe geben:

  • Vielleicht hast du nie gelernt, Grenzen zu setzen und die eigenen Wünsche in den Vordergrund zu stellen.

  • Vielleicht kennst du deine eigenen Bedürfnisse gar nicht (mehr)?

  • Vielleicht traust du dich auch einfach nicht? Dein geringes Selbstwertgefühl vermittelt dir, dass du dir das gar nicht erlauben kannst, weil dich nach einem „Nein“ dein Gegenüber nicht mehr mag.

  • Hast du vielleicht Angst vor Konflikten nach einer Absage?

  • Hast du das Gefühl, du würdest als schwach und nicht belastbar gelten, wenn du nicht alles schaffst und auch einmal Nein sagst?


Ganz gleich, welche Ursachen hinter deinem Ja stecken, die Folgen sind oft dieselben:

Stress, Überbelastung und Gereiztheit.

 

Wenn du dich schon einmal gefragt hast, warum du so oft gereizt und erschöpft bist, lohnt es sich, dass du dir deinen typischen Alltag einmal näher anschaust.


Wie oft bist du heute über deine Grenzen hinausgegangen, hast gegeben und gemacht, ohne Rücksicht auf deine Kräfte?

Kann es sein, dass du einfach total erschöpft bist, weil du ständig über deine Belastungsgrenze gehst? Weil du Ja statt Nein sagst?

Und bist du vielleicht deswegen so gereizt und meckerst mit deinen Kindern, weil das Ergebnis dieser ständigen Grenzüberschreitungen ist, dass du das Gefühl hast, weder gehört noch gesehen zu werden?

Unsere innere Wut ist eines der ersten Anzeichen dafür, dass deine Grenze überschritten wurde. Dass wir gerade besser auf uns aufpassen sollten.

 

Wenn du bis hierher an einigen Stellen zustimmend nicken konntest, gebe ich dir hier ein paar Impulse an die Hand, wie du deine Grenzen kennenlernst und sie in Zukunft besser schützen kannst - Denn: Grenzen setzen ist Selbstfürsorge!


Deine Grenzen kennenlernen

 

Zunächst einmal dürfen wir an dieser Stelle anerkennen, das Grenzen etwas höchst Individuelles sind – Du setzt sie selber fest und darfst sie immer wieder anpassen. Deine Grenzen haben die Aufgabe, dich zu schützen – da gibt es kein richtig oder falsch.


Grenzen kennenlernen:


Starte damit dich einmal selbst zu reflektieren, wann fühlst du dich wohl, in welchen Situationen fühlst du dich meist unwohl?


Stell dir die Frage:

  • „Was zieht mir Energie?“ Gibt es Energiefresser in deinem Leben? Orte, Tätigkeiten, Konflikte, Menschen, die dich erschöpfen?

  • Wann spürst du Wut in dir?

  • Kannst du ein Muster erkennen, wann die Wut in dir aufkeimt?


Wenn du hier auf deine Gefühle achtest,  unterstützt es dich dabei, deine persönlichen Grenzen kennenzulernen.



Grenzen setzen ist Übungssache


Unsere Grenzen zu kennen ist ein hilfreicher Start.

Jetzt kommt der unangenehme Teil – Grenzen setzen! Grenzen setzen ist Übungssache:


Zu allem Ja zu sagen ist, im ersten Moment, der einfachere Weg. Nein zu sagen ist vielleicht etwas Neues für dich und erfordert deinen Mut und auch erst einmal etwas Übung. Deswegen kann es Sinn machen in einem sicheren Rahmen das Grenzen setzen zu üben. Vielleicht mit deinem Partner/in oder mit einem Freund/In. Ihr könnt euch vorab auch über dein Ziel austauschen, dass du das Grenzen setzen üben möchtest.


Das Nein sagen kann uns aber auch bei völlig fremden Menschen leichter fallen, z.B. in der Fußgängerzone, wenn dir wieder eine Mitgliedschaft angeboten wird.

Du wirst sehen, je mehr Übung du darin hast, desto natürlicher wird es sich für dich anfühlen.



Grenzen setzen ist Selbstfürsorge


Eines noch zum Abschluss. Lass dir von niemanden einreden, dass Grenzen zu setzen egoistisch wäre. Es mag uns so vorkommen, da ein Nein vielleicht nicht die Erwartungen meines Gegenübers erfüllt und wir uns lieber erst einmal um uns selbst kümmern. Auf lange Sicht ist es aber eine verdammt gute Idee, besser erst einmal die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen, ansonsten laufen wir Gefahr uns dauerhaft gestresst, erschöpft und gereizt zu fühlen.


Deshalb ist es für mich die Basis einer guten Selbstfürsorge, seine Grenzen zu kennen und diese auch zu kommunizieren.


Und falls dir die Zustimmung und der Applaus von außen fehlen, weil du Nein gesagt hast - Dann stell dir bei jedem Nein vor, wie dein inneres Team dir gerade zujubelt, denn wie sagt man so schön: „Ein Nein zu jemand anderem, ist ein Ja zu dir selbst!“


Du bist wichtig!


Deine Katrin

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