"Unser Alltag ist ihre Kindheit" oder: Warum ich damit ein ungutes Gefühl habe.
- Katrin Haaga
- 15. Dez. 2024
- 4 Min. Lesezeit

Unvergessliche Momente: Muss es immer das große Event sein?
Wir alle wollen unseren Kindern wahrscheinlich gern schöne Momente schenken, damit sie später mit einem Lächeln an ihre Kindheit zurückdenken. Aber müssen diese verbindenden Momente immer große Unternehmungen sein?
Bei dem Spruch "Unser Alltag ist ihre Kindheit" zieht sich bei mir immer etwas zusammen.
Was bedeutet das eigentlich? Heißt es, dass sich alles nur um die Kinder drehen muss? Dass alles immer harmonisch und spannend sein muss?
Gerade jetzt in der Weihnachtszeit kann man leicht das Gefühl bekommen, dass man von einem Event zum anderen hetzen muss: Weihnachtsmarkt hier, Wichtelwald dort, und dann noch das Puppentheater nicht vergessen. Aber wozu soll das Ganze gut sein?
Unser Alltag ist ihre Kindheit - Aber muss es immer die große Action sein?
Haben wir das Gefühl, dass wir nur durch solche Unternehmungen echte Erinnerungen schaffen können? Muss die Kindheit unserer Kinder aus einem ständigen Programm von Ausflügen, Theaterbesuchen und Kinderkinos bestehen? Was, wenn wir einfach mal zu Hause bleiben? Kann man nicht auch auf der Couch beim Serien schauen, Bücher lesen oder einfach beim gemeinsamen "Herumwurschteln" verbindende Momente schaffen?
Kein Grund für schlechtes Gewissen
Wenn ich sehe, was andere Eltern alles mit ihren Kindern unternehmen, könnte ich leicht ein schlechtes Gewissen bekommen.
Oder ich erinnere mich daran, worum es mir wirklich geht: Verbindung! Und die kann so vielfältig sein. Verbindung zwischen Eltern und Kindern kann nicht nur bei Unternehmungen entstehen. Sie entsteht auch im ganz kleinen, daheim. Bei alltäglichen Dingen wie gemeinsam kochen, spielen oder ein Buch lesen. Beim Serie auf der Couch schauen, beim sprechen miteinander oder auch beim einfach nebeneinander her wurschteln.
Das Wichtigste für eine gute Eltern-Kind-Beziehung ist doch, dass wir uns so sehen wie wir sind, dass wir einander zuhören uns ernst nehmen und wertschätzen statt unser Verhalten zu be- oder verurteilen. Für all das braucht es keine großen Unternehmungen sondern einfach unseren stink normalen Alltag.
Dieses Wochenende zum Beispiel, haben wir als Familie das Haus kaum verlassen. Keine Termine, kein Stress – in all dem Weihnachtstrubel eine echt Wohltat. Unter der Woche sind wir alle gefühlt von A nach B gesprungen, so dass es uns allen gut tat einmal nichts vorzuhaben.
K3 wollte den ganzen Tag im Schlafanzug Lego bauen, Plätzchen backen und Bücher lesen - warum also nicht?
Mit K1 habe ich Küchenfussball gespielt und dabei so viel gelacht wie lange nicht mehr.
Und K2 wollte endlich mal die Tischtennisschläger ausprobieren und konnte das mal ganz allein mit Papa draußen tun.
Du siehst, dass waren alles keine tollen Unternehmungen, aber wir waren einfach zusammen und hatten eine gute Zeit - jeder auf seine Weise.
Und was soll ich dir sagen – das war der schönste und entspannteste Tag seit Langem.
Nicht mal die üblichen Geschwisterstreitigkeiten, die es natürlich trotzdem gab, konnten mir das Gefühl der Entschleunigung nehmen.
Alltag, der uns allen guttut
Wenn ich an den Spruch "Unser Alltag ist ihre Kindheit" denke, kann ich also für mich sagen:
Ja das mag sein, aber dieser Alltag muss uns allen guttun. Er muss nicht aus besonderen Erlebnissen bestehen und sollte vor allem auch auf unsere Ressourcen als Eltern achten. Denn, wenn wir uns als Eltern völlig verausgaben, um eine "perfekte" Kindheit zu schaffen, bleiben wir vielleicht selbst dabei auf der Strecke.
Manchmal habe ich so das Gefühl, dass es von allem immer mehr sein muss – aber ist dem wirklich so? Müssen wir immer mehr schaffen, mehr unternehmen und unseren Kindern mehr bieten?
Reicht nicht auch ein weniger von allem? Weniger Termine, weniger Unternehmungen, dafür aber auch weniger Stress?
Wenn es mich als Elternteil entspannter und ausgeglichener macht, haben wir als Familie doch alle etwas davon. Was meinst du?
Unser Alltag ist auch unser Leben. Also denk daran: Du zählst genauso!
Und ich möchte dich ganz bewusst darin bestärken, deinen eigenen Weg zu gehen. Wenn du nach links und rechts schaust und sich dabei ein ungutes Gefühl bei dir breit macht, weil Astrid und Timo einfach so viele unglaublich schöne Bilder von Familienausflügen posten oder Anton und Lisa mit ihren Kindern wieder im Ballett, Theater oder sonst wo waren und du „nur“ daheim mit Puzzle und Bügelperlen gespielt hast – vielleicht ist das gerade einfach nicht dran. (Den finanziellen Aspekt lassen wir hier einmal bewusst weg, aber natürlich ist mir bewusst, dass auch finanzielle Ressourcen unterschiedlich sind.)
Vielleicht reicht deine Kraft und deine Lust gerade genau für das – für einen ruhigen Tag daheim. Dann ist das völlig ok – es gibt auch hier kein besser oder schlechter, kein höheren oder geringeren Wert als Elternteil. Du schaust darauf, was gerade für dich, für euch dran ist.
Denn wenn du dich zu Dingen überwindest und zwingst, die massiv Ressourcen ziehen, die gerade einfach nicht vorhanden sind, dann können dir Situationen entgleisen, weil du einfach nicht mehr kannst. Und dann kann die tollste Unternehmung voll in die Hose gehen, weil du einfach nicht mehr kannst.
Und zum Schluss möchte ich dir noch zwei Frage mitgeben:
„Was ganz konkret, möchtest du deinem Kind mit auf seinen Weg geben?“
Und wie kannst du das gestalten, so dass es dir dabei gut geht?
Du bist gut genug!
Deine Katrin
Bildquelle: Bild von storyset auf www.freepik.com
Comentários